Hier erreichen Sie uns:
Schlaflabor: 📞 0541 406 80  53  Neurologische_Praxis: 📞 0541 40 46 70    REZEPTANFRAGE 

Aktuelles Blog Events Karriere
Aktuelles Blog Events Karriere
previous arrow
next arrow
Slide
Der suprachiasmatische Kern und die Wirkung des Lichts

01.03.2018 von Dr. Christoph Schenk

Der wichtigste Zeitmarker ist beim Menschen wie bei vielen Tieren das weiße Licht in hoher Konzentration (mehr als 2.000 Lux). Das so dosierte Licht wirkt auf den suprachiasmatischen Kern und steuert die wichtigsten zirkadianen Rhythmen (Temperatur, Herzrhythmus, motorische Aktivität, Schlaf- und Wachzustand, Stimmung, kognitive Aktivitäten, Cortisolrhythmus usw.). Es gewährleistet die regelmäßige Abstimmung der Maximal- und Minimalwerte dieser Zyklen mit dem Tag- und Nachtzeitraum und ermöglicht eine Optimierung dieser Funktionen in Bezug auf das Tag- und Nachtverhalten. Die Phototherapie hat bei dieser Optimierung eine verstärkende Wirkung. Der suprachiasmatische Kern wirkt seinerseits auf eine Reihe von zerebralen Strukturen, insbesondere auf den Hypothalamus und die Hypophyse. Er beeinflusst außerdem die Epiphyse über die Wege eines komplexen Kreislaufes (Hypothalamus, Hirnstamm, orthosympathischer Weg des oberen Halsganglions). Auf diese Weise verändert er die nächtliche Melatoninproduktion. Die Zirbeldrüse bildet das Hormon Melatonin - dieses wird im Dunklen ausgeschüttet, wirkt schlaffördernd und stimmungsdrückend. Dem Körper wird sozusagen auf "chemische" Art signalisiert: Es ist Nacht. Darüber hinaus bewirkt das Fehlen des für uns wichtigen Zeitgebers Licht eine Verschiebung und Abflachung der tagesperiodischen (circadianen) Rhythmik. Über diesen Kreislauf blockiert das lebendige Licht (mehr als 2.000 Lux) die Melatoninabsonderung.

Neben anderen Funktionen modifiziert das Melatonin seinerseits die periodische Aktivität des suprachiasmatischen Kerns. Bei länger anhaltenden Dunkelheitsphasen, d. h. im Winter, ist der Zeitraum der Melatoninaktivität länger, im Sommer ist er kürzer. In unseren Breiten und in unserem modernen sozialen Umfeld kann das Fehlen einer ausreichenden Lichteinwirkung, insbesondere wenn die Nächte länger sind, Anpassungsschwierigkeiten, d. h. Störungen unserer internen Rhythmen in Bezug auf unsere Umwelt zur Folge haben.

Die Dosen mit einer Wirkung auf den suprachiasmatischen Kern variieren je nach Tageszeit. Morgens benötigen die Augen eine Lichtintensität von mindestens 2.500 Lux über einen Zeitraum von mindestens 2 Stunden. Im Herbst und im Winter ist dieser Wert noch erreichbar, wenn man sich im Freien aufhält. Viele Menschen in unseren modernen Gesellschaften erreichen jedoch aufgrund ihrer Lebensweise keine ausreichende externe Lichteinwirkung.

Die Wirkung der Dosen ist je nach Dauer der Anwendung unterschiedlich. So wurde ein umgekehrtes Verhältnis zwischen der Intensität der Lichteinwirkung und ihrer Dauer festgestellt. Entsprechende Arbeiten zeigen, dass beispielsweise eine Dosis von 10.000 Lux während einer halben Stunde einer Verabreichung von 2.500 Lux innerhalb von zwei Stunden entspricht.

Am Tag wie in der Nacht spielt auch der Zeitpunkt, zu dem eine starke Lichteinwirkung erfolgt, eine wesentliche Rolle. Eine Lichtanwendung zur Mittagszeit hat nur eine geringe Wirkung. Bei einer Anwendung am Abend setzen in den darauffolgenden Tagen der Maximalwert der inneren Temperaturkurve sowie der Zeitpunkt des Einschlafens später ein. Der behandelte Patient wird spontan später einschlafen. Seine individuelle Einschlafphase wird hinausgezögert.

Eine Anwendung am frühen Morgen dagegen zeigt während der folgenden Tage eine umgekehrte Wirkung, d. h. eine zeitliche Vorverlagerung des Minimalwerts der inneren Temperaturkurve sowie des Einschlafzeitpunkts am folgenden Abend. Die Tendenz bei dieser Behandlung ist also, dass der Patient früher einschläft und am nächsten Morgen früh erwacht. Man spricht in diesem Fall von einer „Phasenvorverlagerung“. Den Einfluss des Moments der Lichtanwendung bezeichnet man auch als „Phasenreaktionskurve“.

Wie man heute weiß, gibt es viele anormale Situationen, auf die eine physiopathologische Beschreibung im Sinne von Störungen des zirkadianen Rhythmus zutreffen könnte. Laut Schätzungen ist die sogenannte Winterdepression, auch jahreszeitlich bedingte Affektstörung genannt, auf eine Verzögerung sowie einen ausgeprägten Amplitudenabfall der endogenen Rhythmen zurückzuführen, die vom suprachiasmatischen Kern induziert werden; das gilt insbesondere für die Steuerung der endokrinen Funktionen durch den Hypothalamus. Eine mangelnde Versorgung mit Licht, die auf lange Dunkelperioden zurückzuführen ist, führt zu funktionellen Veränderungen dieser Strukturen.

Viele Formen der Schlaflosigkeit sind ebenfalls auf derartige Störungen zurückzuführen. Manche Patienten können abends nicht einschlafen. Sie finden erst in den Morgenstunden Schlaf, manchmal erst zu einem Zeitpunkt, an dem sie normalerweise vom Leben bereits wieder gefordert werden. Ältere Menschen dagegen neigen häufig dazu, zu früh einzuschlafen und sehr früh oder sogar nachts wieder aufzuwachen.

Es gibt auch Menschen, die sich chronisch oder konstitutionell als Abend- oder Morgenmenschen beschreiben lassen. Diese klagen insofern nicht über Schlafstörungen, als dass sie die Möglichkeit haben, ihre Aktivitäten auf den Tag oder die Nacht entsprechend ihrem natürlichen Bedürfnis auszudehnen. Man spricht in diesem Fall von normalen endogenen Abweichungen oder Typologien des Wach und Schlafrhythmus.

Neben diesen besonderen Situationen nimmt der Anteil der Menschen in der Gesellschaft zu, die aufgrund ihrer beruflichen Aktivitäten oder häufiger zeitzonenüberschreitender Reisen ständigen zeitlichen Verschiebungen ausgesetzt sind.

Und schließlich gibt es eindeutige organische Erkrankungen, bei denen eine De-strukturierung der zirkadianen Aktivität zu beobachten ist, zum Beispiel bei einem anormalen Alterungsprozess, bei Demenz oder verschiedenen chronischen Erkrankungen, die das Sehvermögen beeinträchtigen und eine ausgeprägte Müdigkeit zur Folge haben.

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.