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Furchtsame schlafen schlechter

12.10.2018 15:50:00 von Dr. Christoph Schenk

Wer morgens gut gelaunt verkündet, dass er die Nacht durchgeschlafen habe, irrt gründlich. Ununterbrochenen Schlaf gibt es nicht. Auch bei besten Bedingungen wachen wir auf; zwischen 15- und 35-mal pro Nacht, meist für ganz kurze Zeit, und meist zwischen den einzelnen Schlafphasen.

Warum wird die Nacht in Häppchen zerlegt? Und was soll das ständige Hin und Her zwischen leichtem, tiefem und REM-Schlaf? Ein Forscherteam der Universität Frankfurt hat eine schlüssige Theorie entwickelt und in Studien belegt: der permanente Wechsel der Schlafphasen schützt den Menschen vor Gefahr.

Denn anders als beispielsweise beim Delfin, der im Schlaf stets eine Hirnhälfte wach und ein Auge offen hält und sich auf diese Weise die Kontrolle über seine Umgebung bewahrt, schaltet der Mensch Hirn und Wahrnehmungskanäle mehr oder weniger ab. Ein riskantes Manöver, verglichen mit der Sicherheitsstrategie des Delfins. „Um aber trotzdem registrieren zu können, was um uns herum vorgeht, kehren wir immer wieder in den Leichtschlaf zurück", erklärt Forschungsleiterin Dr. Ursula Voss.

Unterschiedliche Schlafphasen während der Nacht

Leichtschlaf, Tiefschlaf und REM-Schlaf, die Phase schneller Augenbewegungen (rapid eye movement), wechseln im Verlauf der Nacht mehrmals ab. „Im Leicht- schlaf sind wir am ehesten weckbar", sagt Dr. Voss. Zum Beispiel durch das hupende Auto, oder die Kälte der Haut, wenn der Ehemann die Bettdecke ganz für sich in Anspruch nimmt. Im Tiefschlaf werden solche Störungen weit weniger registriert, im REM-Schlaf kaum noch. In dieser Phase ist der Mensch am verwundbarsten. Er lässt sich nicht von Geräuschen wecken, sondern integriert sie lieber in seinen Traum, genauso wie den Sturz aus dem Bett, sofern dieser nicht zu schmerzhaft ist. Auch die Temperaturkontrolle ist außer Kraft gesetzt - im REM-Schlaf gibt es weder Schwitzen noch Kältezittern, so dass der Körper leicht überhitzen oder stark auskühlen kann.

Der REM-Schlaf dient, wie allgemein angenommen wird, der Konsolidierung von Gedächtnisprozessen, aber er ist eben auch gefährlich: „Deshalb treten wir in dieser Schlafphase nur sehr zögernd ein", erklärt Dr. Voss. In der ersten Hälfte der Nacht dauere der REM-Schlaf nur wenige Minuten, „erst mit zunehmender Sicherheit gönnen wir uns gegen Ende der Nacht bis zu einer halben Stunde".

Kurze Aufwachphasen als Sicherheitscheck des Gehirns

Zusätzlichen Schutz vor bösen Überraschungen während des Schlafs bietet offenbar das wiederholte kurzfristige Aufwachen: Der israelische Schlafforscher Dr. Peretz Lavie wies nach, dass immer direkt vor dem Eintritt in eine REM-Schlafphase eine kurze Aufwachphase abläuft - möglicherweise eine Art Sicherheitsscheck vor dem Abheben in den Traum (Quelle: New Scientist, Bd. 2331, 23.03.2002). Der REM-Schlaf wird außerdem häufiger als alle anderen Schlafstadien durch ein spontanes Erwachen unterbrochen oder beendet.

Dr. Ursula Voss und ihr Team fanden bei Untersuchungen im Schlaflabor heraus, dass sowohl REM- als auch Tiefschlaf reduziert oder ganz verhindert werden, sobald die Schlafumgebung nicht als sicher empfunden wird, beispielsweise durch ein stören- des Geräusch. „Wir stellten außerdem fest, dass manche Menschen ihre Umgebung stärker überwachen müssen als andere. Diese Menschen sind besonders anfällig für Ein- und Durchschlafstörungen". In der psychologischen Forschung werden sie „Monitors" (Überwacher) genannt. Ihr typisches Verhaltensmerkmal ist, dass sie in einer ungewissen und als bedrohlich empfundenen Situation so viele Informationen wie möglich sammeln und auf diese Weise die Lage entschärfen. Das betrifft die Menschen, die bei einer Prüfung alles lernen müssen, was das Buch hergibt. Oder die vom Arzt bis ins kleinste Detail wissen wollen, was sich hinter ihrer Erkrankung verbirgt, wie ein Medikament wirkt. „Auch in der Nacht werden sie von ihrer Überwacher-Natur beherrscht", so Dr. Voss. Deshalb schlafen „Monitors" in fremden Hotelbetten meist miserabel ein und haben, wenn sie durch eine Störung aus dem Schlaf gerissen werden, größte Mühe wieder einzuschlafen. Aber sie können am nächsten Morgen genau sagen, dass ein Gast im oberen Stockwerk um 2.35Uhr „O sole mio" gegrölt hat. In stressreichen Lebensphasen haben diese Menschen einen extrem schlechten Schlaf.

Frauen sind die Überwacher

Zahlreiche Studien der Frankfurter Forscher belegen, dass Frauen eher zum Überwacherverhalten neigen als Männer. „Dazu passt, dass sie viel häufiger an Schlafstörungen leiden als Männer", sagt Dr.Voss. Die Tendenz der Frauen zum Monitoring erklärt die Expertin entwicklungsgeschichtlich als biologische Notwendigkeit: „Zur Verantwortung der Frauen für Gesundheit und Sicherheit des Nachwuchses gehörte auch die Überwachung der Schlafumgebung".

Die meisten Männer reagieren auf Bedrohung eher mit Ablenkung, in der Fachterminologie heißen sie „Blunter". Für die Prüfung lernen sie gerade mal so viel wie nötig. Beim Arzt wollen sie gar nicht wissen, wie ernst ihre Krankheit wirklich ist. Am liebsten hätten sie sich den Arztbesuch erspart. Besonders in der Nacht erweist sich dieses Persönlichkeitsmerkmal als sehr vorteilhaft. Stress? Laute Musik von oben? Sorgen? Dr. Voss: „Ablenker schlummern selig".

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